Ready for TakeOff
Es ist soweit: mein Reisetrolley ist gepackt und geht kaum zu (danke an dieser Stelle an die Austrian Airlines, die meinen alten Trolley vor ein paar Monaten zerstört und durch einen neuen, größeren und robusteren ersetzt hat), die Route steht fest, mein Reisepass mit Visum ist doch noch rechtzeitig vor Weihnachten und somit vor meiner Abreise per Post aus Salzburg angekommen und auch der Rubel-Kurs hält sich auf einem stabilen Tief, so dass Russland billiger ausfallen wird, als geplant.
Vor mir liegt nun also eine Reise über St. Petersburg, Moskau, Ekaterinburg, Nowosibirsk, Irkuts, Chabarowsk bis nach Wladiwostok. Wenn ich mich auf meinem Taschenrechner nicht vertippt hab, dann sind das in Summe über 9.000km die ich per Zug zurücklegen werde.
Los geht’s jedenfalls per Transair-Flug von Wien nach St. Petersburg und dabei gleich die erste Überraschung am Flughafen, denn beim gebuchten Economy-Flug um knappe 100€ sind nur 10kg Gepäck inklusive und das geht sich mit dem Gepäck für 2 Wochen Zugfahrt hinten und vorne nicht aus. Es heißt Nachzahlen am Transair-Schalter, 15€ für 18kg Gepäck kann man gut verkraften, die Prozedur und Wartezeit entspricht aber beinahe dem Antrag auf ein Visum.
Der Flug verlief dafür unproblematisch – na gut, wir wurden beim Bordservice übersehen, aber das kleine Schokoladentörtchen das serviert wurde war es schon wert auf sich aufmerksam zu machen.
Ankunft in St. Petersburg und Rumänien zugleich
In St. Petersburg gelandet beginnt zuerst einmal die Suche nach dem WC, normalerweise keine große Herausforderung, angesichts der Tatsache, dass Russland davon ausgeht, dass man als Tourist des Kyrillischen mächtig sein sollte aber doch ein kleines Abenteuer. Zum Glück sind die Symbole doch dieselben wie in Europa.
Vom Flughafen geht es mit der St. Petersburger Metro zum Apartement, das über Airbnb gebucht wurde. Am Weg dorthin gleich der erste Wow-Effekt, denn die Metro-Stationen entsprechen vom Stil in etwa dem Festsaal der Wiener Hofburg – viel Marmor, viel Gold, sehr prunkhaft und sehr sauber. Was das wohl gekostet hat, diesen Luxus so tief unter die Erde einzubuddeln (und die Metro-Stationen liegen wirklich tieeeeeef).
An der von Airbnb bereitgestellten Adresse stehen wir nun also vor einem sehr dunklen Gebäude mit Polizeiwachposten vor dem Eingang. Nach einem kurzen Anruf beim Vermieter und der Erkenntnis, dass das Apartment im Haus der rumänischen Botschaft in St. Petersburg liegt (ja, jetzt hab ich die Flagge erkannt, die über dem Haupttor weht), öffnet uns kurze Zeit später eine Dame die Türe und erklärt uns die 4‑stufige Zugangsprozedur bis in das Innere unserer Bleibe für die nächsten zwei Nächte.
An dieser Stelle muss ich meine Erzählung etwas abkürzen, denn jetzt geht es noch hinaus in die kalten St. Petersburger Nacht um die vorweihnachtlich beleuchtete Stadt zu erkunden (das russisch-orthodoxe Weihnachten wird erst am 6. Jänner gefeiert und Neujahr findet grundsätzlich die größere Party inklusive Geschenkübergabe statt).
Der Blick auf die Wechselkurs-Schilder an den zahlreichen Wechselstuben in der Stadt bestätigt: nach dem Rubelverfall ist für Europäer derzeit tatsächlich alles um ein Drittel günstiger. Wir haben zwar dritte Klasse in den Zügen bis nach Wladiwostok gebucht, aufgrund des für uns sehr günstigen Kurses spiel ich jetzt aber doch mit dem Gedanken upzugraden auf einen eigenen Waggon. Mal die erste längere Strecke von Moskau nach Ektaerinburg abwarten, aber den Gedanken behalte ich jedenfalls im Kopf…
Es ist kalt, aber sehr beleuchtet
Wir verlassen das Haus der rumänischen Botschaft für einen ersten Rundgang, etwas Sightseeing und eigentlich wegen der Suche nach dem Fotofachgeschäft das laut derer russichen Website das Weitwinkelobjektiv haben soll, das ich mir noch vor der Reise zulegen möchte um im doch recht engen Zug mehr Mitreisende auf das Foto zu bekommen.
Am Weg dorthin stellen wir fest, dass St. Petersburg und die hier lebenden Leute sich offenbar intensiv auf Neujahr und das kommende Weihnachtsfest vorbereiten (die russisch-orthodoxe Kirche feiert bekanntlichermaßen am 6. Jänner Weihnachten). So gut beleuchtet wie die Einkaufsstraßen sind, insbesondere der Nevskij-Prospekt (die Kärtnerstraße St. Petersburgs), war nicht einmal die Landebahn am Flughafen. Ich habe gehofft mit 26. Dezember und dem Verlassen Wiens auch die Weihnachtslieder von „Last Christmas“ bis „Do they know it’s Christmas time“ hinter mir zu lassen, diese Klänge dürften mich aber zumindest hier und sicherlich auch noch in Moskau eine Zeit lang verfolgen.
Im Fotogeschäft angekommen reichen meine Russisch-Kenntnisse und der Screenshot aus dem Webshop aus, um festzustellen, dass diese Filiale das Objektiv nicht hat – nächste Chance in 2 Tagen in Moskau.
Mein erster russischer Borschtsch, mjam, mjam, mjam!
Der Spaziergang durch die Stadt führt uns in weiterer Folge zu einem sehr netten Lokal auf irgendeinem Hauptplatz (habe auf Foursquare natürlich eingecheckt, wer sich an dieser Stelle also einen Lokaltipp holen möchte, der soll den Foursquare Verlauf von @malmic zu Rate ziehen).
Auch hier ist es optisch und akkustich sehr weihnachtlich. Während ich meinen ersten Borschtsch verspeise (viele weitere werden sicherlich noch folgen), beobachte ich wie der erst betrunkene Russe von zwei weiteren Personen gestützt die Treppe aus dem Lokal heraus „hinunterbegleitet“ wird und dabei die halbe Weihnachtsdekoration abräumt – am Stecker für die Soundanlage ist er leider nicht hängen geblieben, denn es dudelt weiterhin „White Christmas“ aus den Lautsprechern, was hier zumindest textlich seine Daseinsberechtigung hat, da St. Petersburg tatsächlich mit einer leichten weißen Schneeschicht bedeckt ist.
Nach diesem völlerischen Tagesabschluss – das Essen war wirklich lecker – machen wir uns also wieder auf den Weg zurück nach Rumänien. Den Zugang zum Haus verschaffen wir uns diesmal fast ohne Probleme, trotz gefrorener Finger und der Herausforderung mehrere Knöpfe zur Eingabe des Codes gleichzeitig zu drücken. Erster Tag überlebt, Спокойной Ночи!